Nichtigkeit

(Text der Strophen von Andreas Gryphius: „Es ist alles eitel“ – barockes Sonett aus dem Jahre 1637)

Du sihst / wohin du sihst nur Eitelkeit auff Erden.
Was dieser heute baut / reist jener morgen ein:
Wo itzund Städte stehn / wird eine Wiesen seyn /
Auff der ein Schäfers-Kind wird spielen mit den Herden.

Was itzund prächtig blüht / sol bald zutretten werden.
Was itzt so pocht vnd trotzt ist morgen Asch vnd Bein /
Nichts ist / das ewig sey / kein Ertz / kein Marmorstein.
Itzt lacht das Glück vns an / bald donnern die Beschwerden.

An Tagen so kalt und grau wie diesem
Sage mir was bleibt zurück um zu vergehen/bestehen
An Tagen so hoffnungslos wie diesem
Sage mir was wird vergehen um wieder auf zu erstehen

Der hohen Thaten Ruhm muß wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit / der leichte Mensch bestehn?
Ach! was ist alles diß / was wir vor köstlich achten /

Als schlechte Nichtigkeit / als Schatten / Staub vnd Wind;
Als eine Wiesen-Blum / die man nicht wider find’t.
Noch wil was ewig ist kein einig Mensch betrachten!

An Tagen so kalt und grau wie diesem
Sage mir was bleibt zurück um zu vergehen/bestehen
An Tagen so hoffnungslos wie diesem
Sage mir was wird vergehen um wieder auf zu erstehen

Doch wenn am Horizont die Sonne erwacht
Und ihr goldenes Licht die Welt erhellt
Dann spür die Heiligkeit des Augenblicks in Dir

Im Angesicht der Nichtigkeit
Wo aller Sinn zu schwinden scheint
Fühl Dein Herz wie es schlägt im Jetzt und im Hier

An Tagen so hell und klar wie diesem
Sage mir was bleibt zurück um zu vergehen/bestehen
An Tagen so hoffnungsvoll wie diesem
Sage mir was wird vergehen um wieder auf zu erstehen